Deutsch-amerikanische Mediävistentagung in Seattle/Friday Harbor 19.–21. 9. 1997: „Ordnung und Unordnung: Zur Konkurrenz offener und geschlossener Formen in mittelalterlicher Literatur“

• Andreas Kraß

Mit der von Wolfgang Harms (München) und C. Stephen Jaeger (Seattle) im Friday Harbor Conference Center der University of Washington veranstalteten Tagung wurde die im Sommer 1992 begonnene Tradition fortgeführt, jüngeren amerikanischen und deutschen Wissenschaftlern der germanistischen Mediävistik die Gelegenheit zu geben, sich mit Vorträgen vorzustellen und einander kennenzulernen. Die beiden letzten Treffen – 1993 in Pack Forest bei Seattle, 1995 im Kloster Ottobeuren im Allgäu – standen unter dem Thema „Fremdes wahrnehmen – fremdes Wahrnehmen“, der Tagungsband ist im Herbst 1997 erschienen1. In diesem Jahr sprachen 13 Referenten in vier Sitzungen, die von den Veranstaltern, vom künftigen Mitveranstalter Horst Wenzel (Berlin) und von Christoph Petersen (München) moderiert wurden, über verschiedene Aspekte von Offenheit und Geschlossenheit in der Literatur des deutschen Mittelalters. Die deutschen Beiträger kamen von der Humboldt-Universität Berlin (Wandhoff), der Technischen Universität Dresden (Lieb) und der Ludwig-Maximilians-Universität München (Dörrich, Friedrich, Gutwald, Kraß, Quast, Waltenberger), die amerikanischen von der Duke University (Rasmussen), der Ohio State Unversity (Grotans), der University of Oregon (Erb) und der University of Washington (Hutfilz, Simon). In den einzelnen Vorträgen kamen verschiedene Typen und Ebenen von Offenheit und Geschlossenheit zur Sprache: solche, die Texte in ihrer Erzählstruktur, Stoffkomposition und ,Poetik‘ betreffen, ebenso wie solche, die auf Texte in ihrer Entstehung, Überlieferung und Rezeption zielen; diskutiert wurden auch Anschlußmöglichkeiten an theoretische Konzepte wie die von René Girard (Verfolgungstexte), Michail Bachtin (karnevaleske Texte), John L. Austin (Problem der Performanz) und der Gender Studies.

Seiten 420 - 425