Literarische Figuren sind Modelle menschlichen Handelns, aber keine Menschen. Ihr Fühlen und Denken verdichtet sich nicht in einer ‚Psyche', sondern wird von einer Vielzahl narrativer Instanzen wie muot, sêle und herze modelliert. Gemeinsam bilden sie ein ‚ich', das zwar - wie das herze - selbst noch Körper ist, ihm aber bereits gegenüber tritt und ihn mit der Formel ‚mîn lîp' als ‚seinen' ansprechen kann. Das Innere einer Figur ist nicht Zentrum von Identität, sondern eine Kraft und Form, die den Körper zurichtet und unterwirft. Nicht um ‚Psychologie' geht es hier also, sondern um Herrschaft.
Literary figures are models of human behaviour but not people. Their feelings and thoughts are not condensed into a 'psyche', but are moulded by a large number of narrative instances such as 'muot', 'sêle' and 'herze'. Together they form an 'ich', which is - like the 'herze' - still body, but it also interacts with the Body and can address it as 'mîn lîp', using the third person pronoun. The inner realm of a figure is not the centre of identity, but an energy and a form which prepare and subjugate the body. It is thus not a matter of 'psychology', but rather of control.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.2004.01.05 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1868-7806 |
Ausgabe / Jahr: | 1 / 2004 |
Veröffentlicht: | 2004-01-01 |
Seiten 67 - 86
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