Die Zeit „um 1800“ galt der deutschen Kultur- und Literaturgeschichtsschreibung der (vor-)letzten Jahrzehnte als beinahe selbstverständliche Geburtsstunde der Modernität und damit oft genug auch der Legitimität ihrer Gegenstände wie Fragestellungen gleichermaßen. Seit mehreren Jahren bringt die Forschung zur Literatur der Frühen Neuzeit dieses Bild in immer neuen Anläufen ins Wanken. Einen wichtigen Fluchtpunkt des in Frage stehenden Umbruchs bildet zweifellos ein differenzierteres Bild der europäischen Säkularisierung, deren erste Umrisse unzählige neuere Arbeiten bereits im 17. Jahrhundert erblicken. Dabei mag es durchaus die seit der Jahrtausendwende tendenzielle Aktualität des schwierigen Verhältnisses von Politik und Religion gewesen sein, die einer neuen Betrachtung insbesondere der barocken Dramatik an Schwung verlieh.
Vor diesem Hintergrund musste zwangsläufig ein Werk an Attraktivität gewinnen, das in der Barockforschung bis vor kurzem ein Schattendasein fristete, da es oft als Theorie nicht des barocken Dramas, sondern als Theorie der Moderne gelesen wurde: das erstmals 1928 publizierte Trauerspiel-Buch von Walter Benjamin. Hatte Benjamin nämlich eine „Immanenz“ des barocken Herrschaftsmodells behauptet und galt ihm die Allegorie als Meisterfigur eines über das Theater vorgeführten Bruchs zwischen Vorstellung und Bedeutung, der dessen Zuschauer zudem zum melancholischen Subjekt verurteilte, so schien das barocke Drama hier auf den ersten Blick als ahistorischer Probierstein ästhetischer wie metaphysischer Probleme der Klassischen Moderne zu fungieren.
| DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.2013.04.09 |
| Lizenz: | ESV-Lizenz |
| ISSN: | 1868-7806 |
| Ausgabe / Jahr: | 4 / 2013 |
| Veröffentlicht: | 2013-12-18 |
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