Von der Germanistik kaum beachtet hat sich in der englischsprachigen Literaturwissenschaft in den letzten beiden Jahrzehnten eine Ossian-Forschung entwickelt, die jenseits der alten Echtheitsdebatte und in europäischer Perspektive die literatur- und kulturgeschichtliche Bedeutung der von James Macpherson herausgegebenen „Works of Ossian“ aufgearbeitet hat. Im Forschungsbericht der hier anzuzeigenden Arbeit werden die entsprechenden Monographien und Sammelbände detailliert und kritisch vorgestellt. Ihnen sind zwei jüngst erschienene Beiträge hinzuzufügen: Dafydd Moores vierbändige Dokumentation zu „Ossian and Ossianism“ (London 2004) und der von Howard Gaskill herausgegebene Band „The Reception of Ossian in Europe“ (London 2004). Auf ihn ist besonders hinzuweisen, da die Germanistik über dem Fälschungsverdacht nicht nur die deutsche Ossian-Rezeption aus dem Auge verloren hatte, sondern auch deren europäischen Kontext. Man mag sich die entsprechenden Lücken und Verweigerungen vielleicht wie die Folgen einer Kränkung erklären: Werther las und übersetzte Ossian, Herder schrieb mit seinem Ossian-Aufsatz einen der theoretischen Schlüsseltexte des Sturm und Drang, und schließlich musste man sich ernsthaft fragen, ob sie in ihrem Enthusiasmus nur einem Fälscher aufgesessen waren. So konnte der internationale „Ossianism“, dem Goethe und Herder tatsächlich von deutscher Seite einen Adelsbrief ausgestellt hatten, in der deutschsprachigen Germanistik kein Forschungsthema aus eigenem Recht werden.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.2005.04.09 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1868-7806 |
Ausgabe / Jahr: | 4 / 2005 |
Veröffentlicht: | 2005-10-01 |
Seiten 615 - 620
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