Die frühe Prosa Ingeborg Bachmanns ist in den letzten Jahren zugunsten des „Todesarten-Projekts“ in den Hintergrund des Interesses geraten. Ursula Töllers Studie wendet sich dezidiert gegen diese Form des Vergessens und macht den avancierten, am Spätwerk entwickelten Stand der Bachmann-Forschung nun auch für den 1961 publizierten Erzählband „Das dreißigste Jahr“ produktiv, mit dem Anspruch, „die rezeptionsgeschichtliche Lücke zwischen dem differenziert untersuchten lyrischen Werk und der Vielzahl an Untersuchungen zum erzählerischen Spätwerk zu schließen“. Anhand der als Leitmotiv ausgewiesenen Erinnerungsthematik wird der Erzählband in seiner „geschlossenen Komposition“ in Augenschein genommen und damit erstmals in seiner zyklischen Struktur gewürdigt. In ihrer Argumentation schreitet die Verfasserin den Kreis der sieben Erzählungen des „Dreißigsten Jahres“ ab, denen jeweils ein Kapitel der Arbeit gewidmet ist. Die numerische Mitte des Zyklus’ bildet die Erzählung „Unter Mördern und Irren“; damit hat Ingeborg Bachmann die „Problematisierung der Erinnerbarkeit der nationalsozialistischen Geschichte“ programmatisch ins Zentrum des Erzählbandes wie auch der Erzählproblematik gerückt. Diese Einsicht macht Ursula Töller in ihrer Studie dahingehend fruchtbar, daß sie aufzeigen kann, daß die dem Werk eingeschriebene „Grundmetapher“ Auschwitz als literarisierte Erfahrung der Diskontinuität auch unterschwellig jene Erzählungen miteinander verbindet, in denen von Fragen der Erinnerbarkeit und Erzählbarkeit des Vergangenen nicht ausdrücklich gesprochen wird.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.1999.02.12 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1868-7806 |
Ausgabe / Jahr: | 2 / 1999 |
Veröffentlicht: | 1999-07-01 |
Seiten 310 - 312
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