Auch wenn Hamilton die Verbindung von Musik und Wahnsinn als „transkulturelles, transhistorisches Phänomen“ festmacht, konzentriert sich sein Close Reading auf Diderots Dialog „Le neveu de Rameau“, der über die Hälfte der Monographie einnimmt, und auf dessen Rezeption in der deutschen (Früh-) Romantik. Einerseits sieht der Autor einen Zusammenhang zwischen dem furor poeticus und der Bindung der Musik an das Wort im 18. Jahrhundert, zwischen dem Unmittelbarkeitstopos der Musik und dem Wahnsinn, den er nicht einfach als Metapher, sondern auf der Grundlage von Foucaults „Histoire de la folie“ (1961) diskurgeschichtlich präzis einordnet.
Die dritte, auf Deutsch etwas umständliche Begriffsprägung, „das Außerkraftsetzen der Sprache“ („the Unworking of Language“, wie es im englischen Original heißt), ist im Kontext von Blanchots Dichotomie zwischen ,oeuvre‘ und ,désoeuvrement‘ zu verstehen. Das vierte, im Titel nicht genannte Paradigma, das direkt an die vorliegende Differenzierung anschließt, bildet die autobiographische Nichtdarstellbarkeit des Selbst, das in der Stimme zwischen Subjekt und Allgemeinheit seine Auflösung erfährt. Es geht um die Infragestellung des „autobiographischen Paktes“ (Philippe Lejeune): „Die autobiographische Form deformiert immer.“ Zumindest enthält die antiverbalistische „Wende zur Musik und zum Wahnsinn“ das Potential, „dass das Selbst vor den Verdrehungen und Pervertierungen verbaler Formungen verschont bleibt“. Als Kulminationspunkt von Hamiltons Ausführungen figurieren E.T.A. Hoffmanns „Lebensansichten des Katers Murr“. Doch nun alles der Reihe nach.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.2013.04.10 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1868-7806 |
Ausgabe / Jahr: | 4 / 2013 |
Veröffentlicht: | 2013-12-18 |
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