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Dokument Erinnerungsarbeit und Geschichtspolitik. Die Modellierung der Befreiungskriege in der Erzählprosa zwischen Restauration und Vormärz (1815–1848)
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Erinnerungsarbeit und Geschichtspolitik. Die Modellierung der Befreiungskriege in der Erzählprosa zwischen Restauration und Vormärz (1815–1848)

  • Dirk Göttsche

Vor dem Hintergrund aktueller Forschung zu Erinnerung und Gedächtnis arbeitet dieser Aufsatz die weithin unbekannte Geschichte der Erinnerung an die antinapoleonischen Kriege (1813–1815) in Romanen und Novellen aus der Restaurationszeit und dem Vormärz auf. Nach einem kontextualisierenden Aufriss zur Entstehungsgeschichte des Mythos’ vom Befreiungskrieg und zur Geschichtspolitik im historiographischen Schrifttum (bis hin zum 50. Jahrestag 1863) beginnt die Analyse der literarischen Erinnerungsarbeit mit einem Überblick über die Zeitromane der Befreiungskriege und ihrer ganz unterschiedlichen Geschichtsnarrative. Neben liberal- nationalen und patriotisch-biedermeierlichen Modellierungen stehen katastrophische Narrative traumatischer Geschichtserfahrung, die an Carl Bondes Erzählung „Die Königs-Scheibe“ (1820) exemplifiziert werden. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen dann die gedächtnispoetische Verarbeitung autobiographischer Kriegserfahrung in Willibald Alexis’ erster Novelle „Iblou“ (1823/30) sowie der Übergang zum historischen Roman in Ferdinand Stolles „1813“ (1834) und Alexander von Ungern-Sternbergs „Jena und Leipzig“ (1844). Die in sich mehrstimmigen Texte von Alexis, Stolle und Ungern-Sternberg leisten aufschlussreiche Beiträge zur Geschichte des geschichtspolitischen „Kampfes um das richtige Gedächtnis“ (Winkler), bevor am Ende der 1850er Jahre im Gefolge des Nationalliberalismus eine neue Welle historischer Romane zum Thema einsetzt, in denen der Mythos vom ‚Volksaufstand‘ 1813 und die Antizipation nationaler Einheit ins Zentrum rücken.

Drawing on current research into cultural memory and remembrance, this article explores the largely unknown story of the literary memory of the anti-Napoleonic wars (1813–1815) in novels and novellas from the Restoration and Vormärz periods. It begins by outlining the emergence of the myth of these so-called Liberation Wars, retracing the shifting politics of memory in historiographical sources (through to the fiftieth anniversary of the wars in 1863). This historical contextualization is followed by a concise analysis of literary memory discourses and very different historical narratives in the socio-political novels (Zeitromane) on the theme, published in the immediate aftermath of the events. Liberal-national and conservative-patriotic accounts contrast with catastrophic narratives of traumatic historical experience exemplified by Carl Bonde’s “Die Königs-Scheibe” (1820). The study then focuses on the reworking of autobiographical war experience and the poetics of memory in Willibald Alexis’s first novella, “Iblou” (1823/30), and the theme’s extension into the historical novel in Ferdinand Stolle’s “1813” (1834) and Alexander von Ungern-Sternberg’s “Jena und Leipzig” (1844). Using heteroglossia for historical polyphony and exemplifying the “struggle for appropriate memory” (Winkler), these novels make interesting and original contributions to the history of the theme’s politics of memory, before the 1850s saw the emergence of National Liberalism as a political movement and, in its wake, the start of a new wave of historical novels on the anti-Napoleonic wars, in which the myth of the ‘popular uprising’ of 1813 and the anticipation of national unification now took centre stage.

DOI: https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.2013.04.05
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 1868-7806
Ausgabe / Jahr: 4 / 2013
Veröffentlicht: 2013-12-18

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