Die ‚Hystorij von Diocleciano‘. Eine eigenständige deutsche Version der ‚Sieben weisen Meister‘

• Ralf-Henning Steinmetz

Die in einer einzigen Handschrift überlieferte ‚Hystorij von Diocleciano‘ stellt eine vermutlich unvollendete Bearbeitung der deutschen Vulgatfassung der ‚Sieben weisen Meister‘ dar. Der Bearbeiter kürzt die Reden der Rahmenerzählung und tauscht einen Teil der Binnenerzählungen aus. Die neuen Erzählungen der Meister warnen den richtenden Kaiser am Beispiel ‚historischer‘ Minnenarren (Aristoteles, Samson, Holofernes) vor einem ähnlichen Schicksal; die Kaiserin bietet fiktionale Erzählungen aus dem Märenrepertoire (‚Treueprobe‘, ‚Königin von Frankreich‘), mit denen sie unabsichtlich ihren eigenen Fall schildert, die böswillige Anklage eines Unschuldigen. Damit wird hinter der Bearbeitung in Umrissen eine eigene Intention erkennbar, die diese deutsche Fassung der ‚Meister‘ deutlich von den zahlreichen übrigen unterscheidet.

The ‚Hystorij von Diocleciano‘, preserved in a single manuscript, is a presumably incomplete adaptation of the German Vulgate version of the ‚Seven wise masters‘. The author shortens the speeches in the frame narrative and replaces a number of the individual stories. The new stories of the masters use examples of ‚historical‘ Minne jesters (Aristotle, Samson, Holofernes) to warn the Emperor against a similar fate; the Empress presents fictional stories from fairy tales (‚test of loyalty‘, ‚Queen of France‘), in which she unintentionally describes her own case – a malicious accusation against an innocent person. This indicates that the German version of the ‚Masters‘ had a special intention of its own, which sets it apart from the numerous other versions.

Seiten 372 - 390