Da ich meine, daß die Sprichwörter die Kultur, Lebensweise und den Geist eines Volkes beinhalten, habe ich durch eine empirische Studie zum Gebrauch von Sprichwörtern im Deutschen versucht, einen vermuteten Zusammenhang zwischen der Gebrauchshäufigkeit deutscher Sprichwörter und den Lebensanschauungen und Wertvorstellungen der Deutschen darzustellen und auch vorzulegen, welche Unterschiede bezüglich der Beliebtheit der Sprichwörter zwischen den Generationen vorhanden sind. Für diese Studie haben insgesamt 1322 Personen als Informanten an der Befragung teilgenommen. Gebeten wurde anhand eines Fragebogens um die Notierung spontan einfallender Sprichwörter und um Angaben über die Häufigkeit des persönlichen Gebrauchs.
Durch meine Untersuchung habe ich festgestellt, daß das Alter der Menschen und der Zeitgeist für die Beliebtheit der Sprichwörter eine größere Rolle spielen als andere soziale Faktoren: Die jüngere Generation nennt z.B. mehr solche Sprichwörter, die die menschlichen Kontakte in der Gesellschaft zum Thema haben, während die ältere Generation eher traditionelle, klassische Sprichwörter schätzen. Besonders erkennbar ist, daß Gymnasiasten viele Varianten und Umkehrungen der Sprichwörter genannt haben, die sich auf ihre Interessengebiete, wie z.B. Sex, Alkohol, Drogen, Geld und Schule, beziehen.
Zum anderen unterliegen Sprichwörter, wie Sprache überhaupt, dem Wandel. Das läßt sich in größeren Zeiträumen, aber ansatzweise vielleicht auch schon innerhalb der Generationen durch die Auswahl belegen. Damit sind sie auch Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse. Mit ihrer Ersetzung bzw. Änderung zeigen sich sicherlich auch mentale und gesellschaftliche Veränderungen. Weil die Entwicklung der Sprichwörter von der Gesellschaft abhängt, könnte man auch sagen, daß die Gesellschaft eine Veränderung erlebt und das Wertesystem bzw. die Denkstrukturen der Menschen sich auch geändert haben.
It is my conviction that proverbs contain the culture, way of life and spirit of a people. For this reason I have tried by means of an empirical study of the use of proverbs in German to demonstrate a connection I assumed would exist between the frequency of German proverbs and the values of Germans. Secondly, I wished to show what differences exist between the generations in the popularity of proverbs. 1,322 people took part in this study as informants. They were given a questionnaire and asked to write down proverbs which came to mind spontaneously and indicate the requency with which they themselves would use them.
My study showed that age and the spirit of the times played a more important role in the popularity of proverbs than other social factors. The younger generation cited for example more proverbs on the theme of human contacts in society, whereas the older generation tended to prefer traditional, classical proverbs. Particularly no ticeable was the fact that high school students cited numerous variants and inversions of proverbs on their interests, e. g. sex, alcohol, drugs, money and school.
On the other hand proverbs, like language in general, are subject to change. This can be shown over longer periods of time, but also possibly within the generations on the basis of the selections made. This means that proverbs are also an expression of social conditions. When they are changed or replaced, it is an indication of mental or social changes. Because the development of proverbs depends on society, one can also say that society is experiencing a change and that the value system or thought patterns of the people have changed.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.1999.01.06 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1868-7806 |
Ausgabe / Jahr: | 1 / 1999 |
Veröffentlicht: | 1999-01-01 |
Seiten 87 - 102
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