Notker der Deutsche von St. Gallen, „Categoriae“. Boethius’ Bearbeitung von Aristoteles’ Schrift „kategoriai“. Konkordanzen, Wortlisten und Abdruck der Texte nach den Codices Sangallensis [sic] 818 und 825. Hg. v. Evelyn Scherabon Firchow unter Mitarbeit von Richard Hotchkiss. 2 Bde. Berlin/New York 1996: Walter de Gruyter.

• Thomas Becker

Notkers Schrift „Kategorien“ lag bereits in mehreren Editionen vor, von denen zwei noch allgemein genutzt werden, aber gewisse Nachteile aufweisen. Die Ausgabe von Paul Piper bleibt auch weiterhin wichtig, weil sich die Hilfsmittel „Notker-Wortschatz“ und „Notker-Glossar“ darauf beziehen, ebenso ein Großteil der Sekundärliteratur (nicht so die eben erschienene Ergänzung zum „Notker-Glossar“). Sie ist aber wegen ihrer unsystematischen textkritischen Verbesserungen und ihrer Normalisierungen nicht gut zu benutzen. Die Ausgabe von James C. King ist dagegen gut zu benutzen und auch im Buchhandel erhältlich; sie macht jedoch aus den beiden stark voneinander abweichenden Manuskripten einen dritten Text mit den jeweils besten Lesarten, was von einigen als Nachteil angesehen wird. So könnte z.B. das Fehlen eines Akzents ein Hinweis auf satzphonologisch unbetonte Stellung sein, was bei King auch im Apparat nicht vermerkt wird, wenn der Akzent in der jeweils anderen Handschrift, möglicherweise hyperkorrekt, gesetzt ist.

Eine diplomatische Ausgabe beider Manuskripte wäre konsequenter gewesen – die hat Firchow jetzt vorgelegt. Die Zweifel, ob die Regularitäten Notkers Sprache bereits vollständig verstanden sind, werden immer wieder genährt, daher ist eine möglichst handschriftennahe Ausgabe wünschenswert. Sie soll die vorhandenen Ausgaben ja nicht ersetzen, sondern ergänzen; die Wichtigkeit diplomatischer Editionen berührt nicht die Wichtigkeit anderer Editionen wie der kritischen von King oder der geplanten leserfreundlichen Ausgabe von Ernst Hellgardt.

Seiten 118 - 121